Pressemitteilungen, die gleich im Papierkorb landen, sind ihre Arbeit nicht wert.
Ich bekomme jeden Tag einen Schwung Pressemitteilungen, einfach weil ich mit meiner beruflichen EMail-Adresse in dutzenden Verteilern und wohl auch Datenbanken stehe. Keine Ahnung, wie manche PR-Agenturen oder Pressestellen ihre Verteiler pflegen, aber die Mehrzahl der Pressemitteilungen, die ich als Email erhalte, würden auch Journalisten mit einem Klick in den virtuellen Papierkorb befördern. Hier die fünf häufigsten und ärgerlichsten Fehler:
- kein Text in der Email – nur “siehe Anhang”
Ohne zu wissen, was sich in einer Mitteilung versteckt, wird kaum jemand auf einen Anhang klicken. Das große Rätselraten, was ein unbekanntes Unternehmen uns hier mitteilen möchte, setzt aber kaum ein – so dass vermutlich alle dieser Nachrichten ungelesen gelöscht werden. Dabei ist es so einfach den Inhalt der Pressemitteilung mittels copy&paste direkt in die Email zu kopieren.
- kein Betreff oder ein sinnloser Betreff á la “PM 13/2012″
Das ist fast genauso gut, wenn mir der Absender nicht das Thema verraten will, von dem er mich begeistern möchte! Traurig aber wahr, etwa jede fünfte Presseinfo, die ich erhalte heißt “Pressemitteilung” oder “Presseinformation”. Dabei wäre doch im Betreff Platz für den Titel der Mitteilung. Wenn der Empfänger keine Autovorschau oder Sommerloch hat, ist die Chance gelesen zu werden eher klein.
- keinerlei Inhalt – also nix Neues im Westen
Ich bewundere PR-Agenturen, die es schaffen inhaltslose Pressemitteilungen zu erschaffen. Nicht falsch verstehen, es ist schon Text in der Mitteilung. Aber der Inhalt ist völlig blutleer und ohne Neuigkeitswert. Es heißt Pressemitteilung, weil man etwas mitteilen möchte. Ein aufgewärmtes Unternehmensporträt ist leider keine Pressemitteilung. Und dass der Geschäftsführer vor 14 Jahren mal in einer IHK-Prüfungsorganisation saß, ist heute wahrlich keine Neuigkeit mehr.
- Marketing-Texte zur Pressemitteilung gemacht
Manchmal ist das Gegenteil der Fall und die Marketingabteilung übernimmt die Erstellung der Pressemitteilung. Dann werden neue Produkte vorgestellt, Tourismusregionen angepriesen und Internetportale gelobt. Es galoppieren die Adjektive und mit Kreativität erdachte Wortschöpfungen prasseln auf den Leser ein. Zum Schluss lobt der Marketingchef noch in einem knackigen Zitat sein eigenes Produkt. Aus diesem Werbetext dann eine Nachricht zu machen, bleibt schliesslich Aufgabe der Journalisten. Das, oder der Klick auf das Papierkorb-Icon.
- unbeschriftete Bilder, keine Bildunterschrift oder nur ein Logo
Was verbirgt sich hinter “IMG_1024.jpg”? Sie haben keine Ahnung? Ich auch nicht! Auch im Text ist kein Hinweis auf ein Bild. Das macht es selbst dem interessierten Journalisten nicht einfach. Schön ist auch, bei Gruppenfotos keine Bildunterschrift der abgebildeten Personen zu liefern, getreu dem Motto “Raten Sie mal!” Gerade mit einem guten Bild steigt die Chance das Thema in den Medien “unterzubringen” – es sollte allerdings nicht nur ihr Logo sein. Das bringt wirklich nichts.
Disclaimer: Ich bin kein Journalist, sondern Pressesprecher. Und auch mir passieren Fehler, über die ich mich meist auch ärgere. Wenn mir mal im Eifer des Gefechts eine Presseinfo rausrutscht, die keinen Betreff hat, merke ich das ziemlich schnell an der Resonanz. Die ist dann oft unterirdisch.
Wie ist Eure Erfahrung?
Ich kann das jede Mal aufs Neue kaum glauben. Diese Fehler nicht zu machen ist doch a) so furchtbar einfach und b) in jedem 1×1-Handbuch der PR beschrieben. Da muss man kein großer Stratege sein.
Aber auch ich kenne diese Mails. Allerdings eher aus Behörden, Vereinen, Privatinitiativen… Von PR-Agenturen kenne ich sie nicht.
Es gibt PR-Agenturen und “PR-Agenturen” – sprich, solche die sich nicht so gut auskennen und dann noch mit der Auswahl der Empfänger schludern. Eine davon berät eine bekannte deutsche Bildungseinrichtung. Da kommen Mitteilungen… hui!
Ich habe sehr lange als freier Mitarbeiter bei der Zeitung gearbeitet und mich täglich über Mails der PR-Abteilungen geärgert, in denen genau die genannten Fehler regelmäßig gemacht wurden. Heute arbeite ich selbst in der Unternehmenskommunikation und lege sehr großen Wert darauf, den Kollegen von der Presse das Leben mit mir möglichst einfach zu machen – eben, indem ich den Fauxpas-Level so gering wie möglich halte.
Mein Vorteil: Ich kenne mittlerweile beide Seiten. Doch auch ich muss mich jedes Mal neu in meine Kontakte hineinversetzen, muss die Texte auf das jeweilige Medium maßschneidern und mich auf den jeweiligen Charakter meiner Ansprechpartner einlassen. Die Presse ist meine Kundschaft, der Kunde ist König und seine Zufriedenheit letztlich mein Erfolg und der Erfolg meines Textes.
Was ich damit sagen möchte: Ob journalistische Erfahrung oder nicht, im PR-Job ist Empathie unheimlich wichtig. Der Journalist muss in kurzer Zeit entscheiden, welche PM er liest und welche er direkt löscht. Da lohnt es sich allemal, einen Gedanken darüber zu verlieren, wie der Journalist tickt.
Danke! Das spricht mir aus der Seele. Man versendet nur Pressemitteilungen mit Nachrichtenwert.
Ich berate meine Kunden seit 12 Jahren und rate ihnen auch schon mal davon ab, wenn eine Meldung keinen echten Inhalt hat. Zur Folge hat dies, dass ich eben dann, als freie Presseagentur auch nichts verdiene, keine Einnahmen generiere. Und dies wollen oder können viele Agenturen nicht. Hauptsache das Geld fließt, der Rest scheint egal. Konstruktive Kritik und ein Durchsetzen genau o.a. Richtlinien führt natürlich auch mal zu Spannungen zwischen Kunde und PR-Agentur – nur wer dies als Agentur aufhalten kann und will und seinem Kunden als echten Mehrwert vermittelt, ist eine gute PR-Agentur und wird weiter für diesen Kunden effektiv arbeiten. Wenn nicht, …damit wären wir wieder beim Punkt Geld…
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