facebook: Hassliebe mit 8 Buchstaben

hatelove Heute feiert facebook sein 10 jähriges Bestehen. Ein guter Zeitpunkt, um mich mal an meine Anfänge in den sozialen Netzwerke zu erinnern, denn ich war lange sozial vernetzt, bevor ich facebook benutzte und es mich. Nicht die Geschichte einer Liebe.

Xing vor facebook

Vor ein paar Monaten schrieb ich in einem Artikel über Deutschland im Jahr 10 nach Social Media. Dabei dachte ich nicht an das jetzige 10 jährige Jubiläum von facebook, sondern an den Xing-Vorläufer OpenBC. Der “offene Business Club” faszinierte mich vom ersten Tag an. Plötzlich konnte man sich mit Unternehmern aus dem ganzen Land vernetzen. Das war 2003, ich war schon ein paar Jahre selbständig und hatte immer nach einem Business Netzwerk mit einer Art “Visitenkarten-Funktion” gesucht. Plötzlich war es da und ich war fasziniert.

Dann kam istock. Die Bilddatenbank mit Preisen im Centbereich zog viele Kreative an, die plötzlich ihre Arbeit weltweit zu Geld machen konnten und in Konkurrenz zu den etablierten Fotografen zogen. Hier konnte man einen kleinen persönlichen Blog führen, sich mit Gleichgesinnten aus der ganzen Welt vernetzen und günstig Fotos für den Agenturalltag einkaufen. In seiner Urform hatte die Bilderseite, die heute zu Getty gehört, tatsächlich etwas von einem sozialen Netzwerk. Ich war 2003 einer der ersten Deutschen dort.

YouTube? Ja! studiVZ? Ohne mich!

Mein Benutzerkonto bei youtube ist aus dem Jahr 2005. Damals stellte ich das erste Video ein, als soziales Netzwerk war die Videoplattform aber nicht erkennbar und der Begriff Web 2.0 steckte noch in den Geburtswehen. Als 2006 und 2007 viele Bekannte und Freunde plötzlich bei studiVZ angemeldet waren und dort Fotos und Freundschaftsanfragen teilten, hielt ich mich zurück. Mir war das ehrlicherweise ziemlich egal, denn ich hatte mein Studium hinter mir. Ähnlich ging es mit myspace (zu bunt) und mit facebook (zu hässlich und zu viel farmville). Lediglich ein paar Wochen stayfriends habe ich mir mal angetan.

Erst 2010 nach dem Erscheinen irgendeiner Studie zum zukünftigen Marketingwert von facebook entschied ich mich, dorthin zu wechseln. Damit war ich im Gegensatz zu istock kein Vorreiter und das hatte einen Grund: Zuvor hatte ich etwa 100 Leute in den Spamordner verbannt, die mir regelmäßig Einladungen zu dem unsympathischen Freundesnetzwerk schickten. Das nervte mich und führte zu einer Ablehnungshaltung, die ich bis heute nicht losgeworden bin. Und das Gefühl verstärkte sich, denn schon bei der ersten Anmeldung wollte Zuckerbergs Firma plötzlich Zugang zu meinem Email-Konto und dort alle Kontakte auslesen. Nix da! Auf den Trick fiel ich nicht rein, hatte aber trotzdem gleich 30 neue Freunde, in deren Adressbüchern ich stand.

Es geht um Menschen!

In den letzten 2-3 Jahren, habe ich das Freundesnetzwerk ein wenig zu schätzen gelernt, aber eine große Liebe wird es nie. Klar hat es die Kommunikation von Millionen Menschen verändert. Plötzlich können wir alle unseren kleinen Exhibitionismus ausleben und unsere Urlaubsfotos und -orte mit unseren “Freunden” teilen. Privates wird öffentlich und viele Erlebnisse digital konserviert. Es freut mich, mit Menschen in Kontakt zu treten, die man aus den Augen verloren hat und manchmal kann ich Druck bei einer Firma loslassen, von der ich nicht ungerecht behandelt fühle. Ein Griff zum Telefonhörer hätte es aber auch getan. Andererseits – und das ist das Spannende – eröffnet einem das weltgrößte soziale Netzwerk auch die Möglichkeit Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen, denen man nie begegnet wäre. Es ist schon faszinierend, Menschen im realen Leben zu begegnen, die man erst im digitalen Universum kannte.

Aus der Sicht der Werbungstreibenden ist facebook ein spannendes Umfeld. Fast nirgendwo kann ich aufgrund der erhobenen Daten genauer meine Zielgruppe selektieren. Gezielte Werbung auf facebook ist aktuell deutlich preiswerter, als auf Google. Und das hat auch sicher seinen Grund: Auf Google suchen die Menschen gezielt nach etwas, auf facebook wollen sie ihre Freunde treffen. Auch das Wachsen der vermeintlich älteren Generation kommt den Werbenden eher gelegen: Denn es ist die Zielgruppe über 50, die über mehr Geld verfügt als die 13-20 Jährigen. Daher ist das Gejammere über den Weggang der Teenies nicht immer verständlich.

Auch wenn ich facebook häufig beruflich nutze, um Fanseiten zu pflegen und Community Management zu betreiben, so ist das Netzwerk doch auch ein Teil privater Kommunikation geworden. Die große Liebe wird es nie, denn ich habe zuviele Bedenken im Hinblick auf Datensammlung und -vermarktung. Und auch die zahllos vergeudeten Stunden im Newsfeed und der allmorgendliche Griff zum Smartphone nerven mich – aber der innere Schweinehund ist ein zäher Gegner. So schlagen dann an facebooks 10. Geburtstag zwei Herzen in meiner Brust.

Vielen Dank an Kerstin Hoffmann, für die Idee, das Thema facebook heute aufzugreifen!

Jost

Veröffentlicht von

Fünf Jahre war ich als Pressesprecher beim Öko-Energieversorger WEMAG erster Ansprechpartner für Journalisten und habe Blogs, yotube- und Twitter-Kanäle betreut, ebenso wie Kundenmagazine. Aktuell betreue ich die WEMAG-Tochter ReeVOLT! Freiberuflich bin ich als Berater, Keynote-Speaker, Autor und Blogger aktiv. Gelegentlich trifft man mich auf Kommunikationstagungen, beim DJV oder bdew. Hier schreibe ich aus meinem beruflichen, privaten und kreativen Alltag. Meine Social-Media Profile wie z.B. Google+ sind oben verlinkt.

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