Vor einigen Wochen stieß ich in einer Tagungsbroschüre auf ein Zitat eines ranghohen Microsoft-Managers, bei dem mir der Mund staunend offen stehen blieb. Das war das Maximum an Denglisch-Kauderwelsch und Bullshit-Bingo, was sich in 20 Wörtern unterbringen liess. Man kann es nur für unglückliche Verklausulierungen halten, aber erarbeiten und erzählen von Geschichten gehörte seit jeher zu den Kernaufgaben der PR – ebenso wie die Hoheit über Themen zu gewinnen. Ich lese in dem Zitat eigentlich nichts Neues – außer dass die PR nicht nur die Hoheit über die Themen, sondern auch über die Inhalte haben soll.
Fast zur gleichen Zeit rief PR-Blogger Nicolas Scheidtweiler auf, die Erwartungen an das Kommunikationsjahr 2014 zu äußern. In der ziemlich weit gefassten Blogparade sind einige spannende Artikel entstanden und ich möchte heute einen hinzufügen: Hört auf mit dem Bullshit-Bingo und redet mit den Kunden Klartext!
Vorab: Es geht nicht darum, wie einige PR-Leute ihre Arbeit machen und relativ inhaltsleere Artikel produzieren. Mir geht’s darum, dass Kommunikatoren ihre Auftraggeber nicht mit aufgeblähten Hypes und selbsterdachten Worthülsen blenden sollten. Wen wollen sie damit beeindrucken? Ihre Kollegen? Die Marketingabteilung? Die Geschäftsführung? Die Kunden? Natürlich gehört bei der PR ein gewisses Maß an Selbstinszenierung zum Job und mit Fachbegriffen grenzen sich üblicherweise Berufszweige voneinander ab, aber gerade in Kommunikationsberufen und deren Branchentrends sollte man Klarheit in der Wortwahl erwarten dürfen!
Content irgendwas
Beispiel Content Marketing – Das Marketing hat damit eine zugegeben gut funktionierende neue Strategie nebst Hype und Buzzword – nur muss die PR sich jetzt gleich neu erfinden, um sich abzugrenzen? Mittlerweile dürfte jedem klar sein, dass Content Marketing keine PR ist, nur weil es mit Mitteln der PR arbeitet. Genausowenig, wie PR kein Journalismus ist, bloss weil es mit ähnlichen Instrumenten arbeitet. Aber muss deswegen jetzt die ‘Content PR’ aus der Taufe gehoben werden?
Zugegeben: Wir befinden uns mitten im digitalen (Medien-)Wandel. Das Internet verwirft komplette Arbeits- und Denkprozesse, verwischt Mediengrenzen und ermöglicht eine nie da gewesene Kommunikation. Und immer wenn man denkt, nun ist alles gewandelt, geht’s mit noch 2-3 cleveren Erfindungen rasant weiter. So rasant, dass selbst gestandene Digitalstrategen verwundert sind:
Und ich dachte, das Tempo nehme irgendwie langsam mal ab. Nix da.
— Wolfgang Lünenbürger (@luebue) 24. Februar 2014
Und was machen die Kommunikationsexperten? Neue Begriffe erfinden und weiterhin ihr Essen fotografieren.
Immer neue Buzzwords
Zwei dieser Begriffe, die in meinen Augen nicht so richtig Sinn machen sind Mobile-PR und Brand Journalism. In Anlehnung an Mobile-Marketing höre ich öfter den Begriff der mobilen PR, also der Online-PR auf mobile Endgeräte. Ein schönes Modewort, welches der technischen Entwicklung folgt. Aber: Wenn man sich immer nur an einzelne kleine Kanäle oder einzelne Zielgruppen hält, geht der übergreifende Strategieansatz der PR dabei verloren. Das halte ich eher für ein Risiko.
Brand Journalism ist, wenn Marketer Content Marketing nach journalistischen Qualitätskriterien machen sollen. Das ist doch Aufgabe PR oder? Journalismus hat ja eigentlich eine ganz andere Aufgabe:
“Journalismus heißt, etwas zu drucken, von dem jemand will,dass es nicht gedruckt wird. Alles andere ist Public Relations.”
(Orwell)
tl;dr
Unsere Sprache lebt und neue Entwicklungen sorgen immer für neue Begriffe. Aber eigentlich sollte es Anliegen von uns Kommunikationsprofis sein, für Klarheit zu sorgen und nicht mit inflationären Wortschöpfungen und unnötigem Denglisch zu beeindrucken. Wahrscheinlich profitiert die Fortbildungsbranche vom jedem neuen Buzzword. Ich erwarte 2014 die ersten “Content PR Summits”. Obwohl – bitte nicht, das ist doch doppelt gemoppelt und wir haben noch so viel über PR zu reden.