Helfen kostenlose Pressemitteilungen in Google?

Bildschirmfoto PR-Gateway Studie © PR-Gateway
Eine Studie will beweisen, dass kostenlose Pressemitteilungen in Suchmaschinen vorne liegen. Der Beweis ist bestenfalls zweifelhaft.

Kostenlose Pressemitteilungen waren vor ein paar Jahren der Renner, wenn es um die Platzierung von Links und Inhalten im Google-Index ging. Diese Zeiten sind aber vorbei. Spätestens seit dem “Panda-Update”  des Suchmaschinen-Giganten ging es mit der Positionierung der Presseportale im Suchergebnis steil nach unten. Ein Grund war die Wertung von “duplicated content” also doppelt vorhandenen Inhalten.

Trotzdem boomen die kostenlosen Portale nach wie vor. Warum? Anscheinend lässt sich damit noch etwas Traffic erzeugen und so kurzfristig Geld über Anzeigen verdienen. Langfristige Effekte gibt es aber eher nicht. SEO- und PR-Experten stehen den Portalen schon länger eher argwöhnisch gegenüber. Das scheint auch der Grund zu sein, warum PR-Gateway sich zu einer “Studie” entschieden hat, die den Beweis liefern soll, dass derartige Portale nach wie vor wichtig sein. Dazu muss man vielleicht noch wissen, dass der Anbieter sein Geld damit verdient, Pressemitteilungen in möglichst viele Portale gleichzeitig einzustellen.

Wie wirken Pressemitteilungen im Google-Index? Und wie lange wirken sie? Eine spannende Frage, der es lohnt nachzugehen! Darum habe ich mir die kürzlich veröffentlichte Studie von PR-Gateway angeschaut. Die Contentverteiler hatten dazu drei Zeiträume unter die Lupe genommen und untersucht, ob nach wenigen Wochen, Monaten oder 1-2 Jahren die veröffentlichten Mitteilungen noch im Index zu finden waren. Überraschenderweise waren die kostenlosen Mitteilungen in Top-Positionen und immer mehrfach auf der ersten Seite vertreten. Trotz Änderungen im Google-Suchalgorythmus. Wieso das?

Eine Suchergebnis ist nur so gut, wie die Anfrage

Der Trick ist die passende Kombination von Wörtern, die in den jeweils veröffentlichten Texten vorhanden waren. Kombiniert man in der Suchanfrage Wörter, die nur in dem dem gewünschten Text vorkommen, so ist es ein leichtes, diesen Text auf der ersten Seite der Suchergebnisse auszuweisen. Und dieser Text taucht natürlich mehrfach auf, wenn er fast wahllos über die kostenlosen PR-Portale verteilt wurde. Nach diesem Verfahren arbeitet PR-Gateway, um den Erfolg kostenloser PR-Meldungen nachzuweisen.

Ein Beispiel aus der Studie ist die oben gezeigte Nachricht der Firma Vitrulan: “Mit Wasser und Glasgewebe zum Champagner”. Unter dieser Überschrift wurde eine PR-Nachricht über ein Gewinnspiel des Glasfasertapeten-Herstellers veröffentlicht, bei dem eine Magnumflasche Schaumwein zu gewinnen war. Angetreten wurde der Beweis der erfolgreichen Google-Positionierung mit der Kombination der Wörter Wasser+Glasgewebe+Champagner. Natürlich bringt die Kombination von Wörtern, die nie in einem Zusammenhang stehen, einen derartiges Suchergebnis hervor. Doch wenn man nur nach der Firma, deren Produktnamen oder den Gattungsbegriffen “Glasfaser-Tapete”, “Glasgewebe”, “Tapete + Glasgewebe” sucht, kommt diese ausgewiesene Pressemitteilung natürlich nicht.

Keine Relevanz für Top-Keywords?

Bildschirmfoto 2014-03-24 um 23.22.26Meine Vermutung: Diese Beispiel-Mitteilung hat null Einfluss auf die PR-Arbeit oder das Ranking der Top-Keywords der Firma Vitrulan. Unterstützt wird diese These mit der Analyse zum Suchvolumen der Begriffe “Glasgewebe und Champagner”, denn der rankingcheck spuckt zu dieser Kombination null Ergebnis aus. Kein Wunder, denn inhaltlich haben die beiden Begriffe nichts miteinander zu tun.

Spannenderweise sind im organischen Suchergebnis von Vitrulan und seiner Systexx-Tapete auf den ersten Positionen überraschend viele YouTube-Videos vertreten. Die Firma weiß also anscheinend mittlerweile, mit welchem Content man zu den wirklich wichtigen Sucheranfragen gut rankt.

Auch die weiteren Untersuchungen von PR-Gateway funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip. So auch Weltbild-Beispiel mit der Pressemeldung “Weltbild: Digitales Lesen in Deutschland etabliert”. Hier wird gezielt auf ein so genantes “Longtail Keyword” abgezielt, welches praktisch kein Suchvolumen hat. Dafür sind auf Googles-Seite 1 viele PR-Portale mit der Meldung unter dieser Überschrift zu finden. Ein Schelm, der Böses denkt.

Stichprobe: eine Gegenuntersuchung

Auch ich nutze Presseportale, aus denen sich ebenfalls diverse kostenlose PR-Seiten speisen. Bei etwa 50 Mitteilungen im Jahr, müssten sich also aus den letzten 5-7 Jahren eine Menge Einträge aus kostenlosen Presseportalen finden lassen. Wonach soll ich suchen? Üblicherweise steht unter jeder Mitteilung mein Name, meine Funktion und mein Arbeitgeber. Die Signatur ist seit über vier Jahren unverändert, also sollte doch sich doch eine von ca. 200 mehrfach verteilten Mitteilungen finden lassen. Ich probiere den Suchbegriff “Jost Broichmann Pressesprecher WEMAG AG” und komme auf 3.660 Ergebnisse. Ein kostenloses Presseportal suche ich auf den ersten Seiten erfolglos. Dafür finde ich neben den Webseiten von uns und diversen Medien vor allem Blogs und Youtube-Videos.

Ein zweiter Versuch. In der Boilerplate jeder meiner Pressemitteilungen findet sich der Satz “Die Schweriner WEMAG AG ist ein bundesweit aktiver Ökostrom- und Gasversorger”. Versuchen wir es damit. Das Ergebnis: Zahllose Einträge der eigenen Webseite und ein paar Einträge aus der Pressebox, einem kostenpflichtigen Premiumportal. Erst auf Platz 18 kommt ein Eintrag von PR-Gateway.

Fazit: Seriös sieht anders aus

“Eine weitreichende Veröffentlichung von Online- Pressemitteilungen unterstützt eine langfristige Sichtbarkeit in Google” ist das Fazit von PR-Gateway. Das Ergebnis einer seriösen Studie hätte mich wirklich interessiert. Aber in der vorliegenden Untersuchung wurde durch die gezielte Auswahl von Suchbegriffen ein Ergebnis vorgespielt, was sich schon fast in den Bereich der Trickserei einordnen lässt. In allen untersuchten Ergebnissen tauchen seltsamerweise bevorzugt kostenlose PR-Portale auf, bei der Überprüfung mit relevanten Keywords der Herausgeber zeigt sich aber ein anderes Ergebnis – hier liegen gut gepflegte Webseiten, Blogs und Videos weit vorne. Ich fürchte, das Zeitalter der kostenlosen Presseportale ist langsam vorbei.

p.s. Wer etwas über die Beeinflussung von Suchmaschinen, deren Index und Suchergebnissen lernen möchte, der sollte mal nach dem Begriff “Hommingberger Gepardenforelle” googeln ;-)

Jost

Veröffentlicht von

Fünf Jahre war ich als Pressesprecher beim Öko-Energieversorger WEMAG erster Ansprechpartner für Journalisten und habe Blogs, yotube- und Twitter-Kanäle betreut, ebenso wie Kundenmagazine. Aktuell betreue ich die WEMAG-Tochter ReeVOLT! Freiberuflich bin ich als Berater, Keynote-Speaker, Autor und Blogger aktiv. Gelegentlich trifft man mich auf Kommunikationstagungen, beim DJV oder bdew. Hier schreibe ich aus meinem beruflichen, privaten und kreativen Alltag. Meine Social-Media Profile wie z.B. Google+ sind oben verlinkt.

6 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Ich kann Ihre Beschreibungen/Erfahrungen nicht bestätigen. Wir arbeiten mit verschiedenen Portalen unterm Strich erfolgreich. Aber Ihre Beispiel-Überschrift “Mit Wasser und Glasgewebe zum Champagner” ist auch nicht für Online-Marketing geeignet.

    • Jost

      Hallo Herr Xaver, die Überschrift “Mit Wasser und Glasgewebe zum Champgner” stammt nicht von mir, sondern aus der ursprünglichen Pressemitteilung. Sie wurde als exemplarischer Beweis für den Erfolg der Portale durch PR-Gateway angeführt. Ein Beweis der sich ad absurdum führen lässt, indem man die Sinnhaftigkeit in Bezug auf Produkt oder Marke prüft, oder einfach das Suchvolumen. Nochmals: Es ging in dieser “Studie” darum zu belegen, dass kostenlose PR-Portale die ersten Seiten der Suchergebnisse belegen würden. Der Nachweis erfolgte durch krude Suchanfragen, die kein Suchvolumen haben. Das halte ich zumindest für fragwürdig.

      Und mag sein, dass Sie über einige Portale noch Traffic generieren oder Google- hier und da noch einen Backlink wertet. Das freut mich für Sie. Aber die Portale dominieren nicht automatisch jedes Suchergebnis…

  2. Sie haben natürlich recht, dass ich unter einer ungewöhnlichen Wörterkombination in der Überschrift auch wie erwartet meine Treffer finde. Damit ist aber auch genau bewiesen, was Sie zu widerlegen versuchen: Wenn ich dann nämlich die richtigen Schlüsselwörter in der Überschrift und im Teaser und Text unterbringe, habe ich AUCH die guten Ergebnisse auf der ersten Seite bei Google. qed.

    Zum zweiten: Den Unsinn mit dem “duplicated content” durch Pressemeldungen habe ich schon an anderer Stelle gehört: Pressemeldungen sind schließlich dazu da, an möglichst vielen Stellen veröffentlicht zu werden, und das weiß auch der schlaue Algorithmus von Google und wertet sie nicht als duplicated content. Schließlich würde ja sonst auch die Pressebox darunter fallen – oder glauben Sie, der Panda unterschiede zwischen bezahlten und unbezahlten Portalen? Und wenn er es denn täte: Wäre das nicht viel bedenklicher?

    Nach meiner Erfahrung – und ich arbeite nicht mit PR-Gateway – dominieren die Portale viele Suchergebnisse, auch bei Suchanfragen, die ein hohes Suchvolumen haben – allerdings nur kurze Zeit. Um weiterhin oben zu bleiben, muss man kontinuierliche Pressearbeit betreiben.

    Schönes Wochenende!
    Sabine Faltmann

  3. Ihre Ausführungen bringen die Sachlage auf den Punkt. Die Zeiten der Presseportale sind sicher vorbei. Allerdings scheint deren Marketingkonzept (noch) aufzugehen. Das hat wohl auch damit zu tun, dass vielen Unternehmen die Bedeutung von Unique-Content nicht wirklich bewusst ist und deshalb auch das dafür notwendige Budget sehr begrenzt ist. Einer solchen Studie Glauben zu schenken fällt dann natürlich leichter anstatt sie zu hinterfragen.

  4. Die Studie zeigt, welches Potential Pressemitteilungen haben, wenn denn die richtigen Keywords eingesetzt werden. Natürlich kann nur das gefunden werden, was auch gesucht wird und hier ist noch sehr viel Aufbauarbeit in vielen PR-Abteilungen zu leisten. Häufig werden Online-Pressemitteilungen noch nach dem Muster der klassischen Pressemitteilungen geschrieben.
    Aber Online-PR sollte auch nicht mit SEO verwechselt werden. Die Portale dienen in erster Linie dazu, mehr potentielle Fundstellen im Internet zu schaffen. Wenn die Inhalte der Pressemitteilungen relevant sind und die richtigen, suchrelevanten Keywords enthalten, nach denen die Zielgruppen auch tatsächlich suchen, dann haben sie nach wie vor ein großes Potential für die Online-PR.

    • Jost

      Liebe Frau Tamble,

      Ihre Studie möchte einen Zusammenhang zwischen Presseportalen und der “langfristig besseren Sichtbarkeit bei Google” herstellen. Dabei unterlaufen aber methodische Fehler, wie die genannten Beispiele eindrucksvoll beweisen. Glasgewebe und Champagner haben nichts mit Tapeten zu tun. Na klar können Sie mit dem Titel einer Pressemitteilung, die die bei der Veröffentlichung auf fremden Seiten den Seitentitel trägt, bei Google gerankt werden. Doch das hat mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun. Sie können nahezu jede Seite bei Google unter die ersten 10 Suchergebnisse bringen, wenn Sie nur die passende Keywordkombination verwenden. Noch ein Beispiel aus Ihrer Studie:”Spectair baut seine Flotte aus” dreht sich um eine Firma aus Düsseldorf, die Luftbildaufnahmen mit Drohnen anbietet. Die von Ihnen verwendeten Suchwörter, die sich aus dem Seitentitel ergeben, bringen für ihre Studie vielleicht ein gutes Ergebnis, werden in der Realität nicht verwendet. Das Suchvolumen für “Spectair + Flotte” ist 0. Sinnvolle Keywordkombinationen wie “Luftbild Düsseldorf” bringen die genannten Seiten nicht unter die ersten 10 Suchergebnisse.

      Die Diskussion, was Online-PR mit SEO zu tun hat, lenkt meines Erachtens nur von einem ab: Hier sind methodische Fehler passiert, die das Ergebnis ihrer Publikation nicht unbedingt in einem guten Licht stehen lassen.

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